25.10.2025

AEPHANEMER - Utopie

Tracklist:

  1. Échos d'un Monde Perdu
  2. Le Cimetière Marin
  3. La Règle du Jeu
  4. Par-delà le Mur des Siècles
  5. Chimère
  6. Contrepoint
  7. La Rivière Souterraine
  8. Utopie (Partie I)
  9. Utopie (Partie II)

VÖ: 31.10.2025
Label: Napalm Records
Genre: Melodic Death Metal
Herkunft: Frankfreich

Lineup:
Marion Bascoul – Vocals, Guitars
Martin Hamiche – Guitars, Bass, Orchestrations
Mickael Bonnevialle – Drums


Vier Jahre nach dem sehr erfolgreichen Langspieler "A Dream Of Wilderness" erscheint nun endlich das neue Album "Utopie". Die ersten beiden vorab veröffentlichten Singles lassen es bereits erahnen, die Lyrics des Albums sind dieses Mal komplett in der Muttersprache der Band verfasst. Das ist tatsächlich das erste Mal, dass ich es bereue, mich die vier Jahre, die ich Französisch in der Schule hatte, einfach nur durchgemogelt zu haben anstatt diese Sprache zu lernen. Naja, moderne Sprachtools können da Abhilfe schaffen.
Das Konzept des Albums wird so beschrieben: 'Lyrisch und musikalisch beschäftigt sich die Platte mit dem Konzept der Utopie nicht als Flucht, sondern als Konfrontation – sie hinterfragt Ideale durch die schiere Kraft des Sounds und die Suche nach einer Welt der Harmonie zwischen den auf Erden lebenden Wesen.'

Kommen wir zum musikalischen Teil. Alleine das Intro "Échos d'un Monde Perdu" treibt mir schon einen wohligen Schauer über den Rücken. Ein Album mit einem orchestralen Intro zu eröffnen ist ja nun kein Novum, aber diese etwas über eine Minute hat schon so viel in sich, dass man sich wünschte, der Track wäre nicht nur ein Intro, sondern ein fünfminütiges Werk.
Aber wer wird sich hier beschweren, denn es geht danach mit dem genialen "Le Cimetière Marin" weiter. Der als zweite Single ausgekoppelte Song haut dem Zuhörer einen Balken an Melodie um die Ohren. In dem Song passiert so viel, dass man ihn mehrfach hören muss, um alles zu entdecken. Unter dem typischen Instrumentengewand von Drums, Gitarren und Bass schleichen sich Streicher und ich meine sogar die ein oder andere Querflöte erkannt zu haben. Martins Gitarrenarbeit ist beispiellos. Yngwie Malmsteen trifft Death Metal. Und Marions Vocals sind so brutal und fügen sich doch so perfekt in dieses symphonische Stück ein. Generell möchte ich Marions Vocals hier kurz besonders hervorheben. Ihre Stimme hat einen immensen Wiedererkennungswert und meiner Meinung nach können sich Szenegrößen wie z.B. Alissa White-Gluz von Marion noch eine Scheibe abschneiden.

Weiter geht es mit der ersten Single "La Règle du Jeu". Deutlich geradliniger als der Vorgänger haut man uns nach dem Intro erst mal ein paar Takte lang Blast Beats um die Ohren, die aber abrupt mit einem kleinen musikalischen Schnörkel abbrechen und Drummer Mickael dem Vers-Thema mit einer Prise Off-Beat-Drumming eine neue Geschmacksrichtung verleiht. Spannungsaufbau in der Bridge, Bombast im Refrain und zurück zum Hauptthema. Und das alles in 1:30 Minuten. Ich könnte hier noch ewig so weiter machen, aber ihr wollt eine Review und keine musikalische Analyse. Sorry. Nach einer kurzen Ruhepause dreht Martin dann völlig durch und legt einen Solopart hin, dessen Partitur man genau so gut einem Orchester vorlegen könnte und man hätte ein wundervolles, klassisches Stück. Ich kann von dem Song einfach nicht genug bekommen.

Und was wäre ein Melodic Death Metal Album ohne Nackenbrecher-Song? Diesen liefert uns das französiche Trio mit "Par-delà le Mur des Siècles". Natürlich kommt bei AEPHANEMER auch bei solchen Songs die musikalische Verspieltheit nicht zu kurz. Immer wieder werden kleine musikalische Leckerbissen eingestreut (das Piano am Anfang fand ich sehr amüsant). Definitiv ein Live-Song.
"Chimère" lässt es etwas langsamer angehen und wird in der zweiten Hälfte zu einem hymnenhaften Opus, der die Herzen der Freunde klassischer Musik höher schlagen lässt.

Weiter geht es mit "Contrepoint", bei dessen Intro ich schon wieder zwangsläufig an Yngwie Malmsteen denken muss. Der Song explodiert buchstäblich vor Melodie und Energie, dass man nicht anders kann, als einfach mitzugehen. Hier bekommt man alles geboten, Blastbeats, Drama, Adrenalin.... hach es ist einfach herrlich.
"La Rivière Souterraine" ist eine wunderschöne Sonate in drei Sätzen. Ein Instrumentalstück, das die songschreiberische Genialität Martins widerspiegelt. Nach gut acht Minuten geht dieses wundervolle Stück Musik dann in den zweigeteilten Titelsong über.

© Melody Morana

Der erste Teil wird von Streichern und Chören bombastisch eingeleitet, fällt dann in ein zerbrechlich wirkendes Interlude zusammen, das sich aber immer wieder aufbäumt, als wollte es sagen, "Ich bin hier, ich habe noch etwas zu geben", um dann in einer Eruption von Double-Bass und Tremolopickings loszubrechen und dann kommt über die verzweifelt klingende Melodie Marions brachial kalte Stimme. Mir fehlen die Worte, diesen Song zu beschreiben. Meine Götter!

Mit "Utopie" haben sich AEPHANEMER ein Denkmal gesetzt. Aktuell werden Konzerte der Franzosen immer mal wieder in größere Venues verlegt. Und das mit Recht! Ich wünsche mir so sehr für AEPHANEMER, dass sie mit "Utopie" endlich die Beachtung in der Szene bekommen, die sie verdienen. Dass sie die großen Hallen als Headliner füllen und vielleicht auch mal mit Orchesterbegleitung auftreten.
"Utopie" ist keine simple Kombination musikalischer Härte mit klassischer Epik. Beide Elemente werden kunstvoll und gekonnt miteinander verwoben, sodass ein absolut homogenes Opus entsteht, dass an keiner einzigen Stelle aufgesetzt klingt. Man muss dem Album die Ehre gewähren, es am Stück und aufmerksam zu hören. In den Songs sind einfach zu viele musikalische Feinheiten eingebaut, die man bewusst wahrnehmen muss. Für mich ist "Utopie" das Album des Jahres! Und AEPHANEMER gehören in die großen Hallen und auf die Main Stages aller Festivals! Basta!

BB

10 / 10